Neues aus dem Juni 2021

Liebe Menschen,

neben sagenhaften Lichtschauspielen am Nachthimmel und kräftigem Donnergerumpel brachte uns der Juni nach der anfänglichen Gluthitze, die uns in den Mittagsstunden vom Acker vertrieb, reichlich Regen, für den wir sehr dankbar sind! In den letzten knapp zwei Wochen sind insgesamt 45mm Niederschlag gefallen. Genug, dass alle Gemüsekulturen gut versorgt sind und fleißig wachsen können. Das verschafft uns die Zeit den letzten Feinschliff an der Planung unserer Bewässerung für den Acker in Ruhe und mit Bedacht vorzunehmen und nichts übers Knie brechen zu müssen. Die Planung steht kurz vor dem Abschluss und wir freuen uns schon aufs Basteln und Leitungen verlegen in den kommenden Wochen!

Durch den Regen ist der Boden wunderbar weich und krümelig und lässt sich leicht und schön bearbeiten. Das erleichtert uns das Hacken und Jäten, womit wir im Moment viel Zeit verbringen. Diese Arbeiten dienen einerseits der Pflege der Kulturpflanzen, die sich, wie zum Beispiel die Möhre, ohne menschliche Hilfe nicht gegen die konkurrenzstarken Wildkräuter wie Hühnerhirse oder Ackerwinde durchsetzen könnten, und andererseits der Pflege des Bodens. Unser Boden neigt sehr zu sogenannten Verschlämmungen und zur Krustenbildung. Die Bodenoberfläche wird beim Abtrocknen hart wie Beton und bildet eine dichte Schicht, wodurch es zu Sauerstoffmangel im Boden kommt. Durch die sachte Bewegung der noch feuchten Bodenoberfläche beim Hacken oder das Brechen der Kruste, wenn wir mal zu spät dran waren, sorgen wir für eine funktionierende Bodenatmung, die für Bodenorganismen und Pflanzenwurzel essentiell ist.

Auch das Räumen der Beete nach dem Abernten der ersten Kulturen wie Salat, Kohlrabi und Erbsen geht bei der wunderbaren Bodenfeuchte leicht. Nach dem Abräumen der Erntereste ist ein Durchgang mit der Radhacke ausreichend, um das Beet für die nächste Gemüsekultur vorzubereiten. Diese wird dann auch direkt gepflanzt, um die Zeit ohne lebendige Wurzel im Boden so kurz wie möglich zu halten. So haben heute die nächsten Sätze Kohlrabi, Salat und Spitzkohl Beete bezogen, die direkt vorher abgeräumt wurden.

Bei diesen perfekten Bedingungen ist die bodenschonende, flache Bearbeitung mit der Radhacke ausreichend. Für die nun anstehenden letzten großen Pflanzungen von Lagerkohlrabi, Winterporree und den Wintersalaten Zuckerhut und Radicchio, braucht es etwas mehr Kraft. Auf den für diese Kulturen vorgesehenen Beeten stehen zum Teil noch der Hafer vom letzten Herbst und unsere Sommerzwischenfrucht. Um diese einzuarbeiten werden wir den Einachsschlepper bemühen. Bisher konnten wir jederzeit den Einachser unserer lieben Nachbarn ausleihen, mit dem wir die komplette Frühjahrsbestellung gemacht haben. Nun haben wir uns nach langem Überlegen, Rechnen, Abwägen und vielen Telefonaten dazu entschieden, einen eigenen Einachser von der Firma BCS zu kaufen. Dieser ist perfekt abgestimmt auf unser Anbausystem und ermöglichst uns mit Mulcher und Fräse große Mengen organischer Substanz noch besser einzuarbeiten und dem Bodenleben als Futter zur Verfügung zu stellen.

Wie sehr dieses Bodenleben in den letzten Wochen in Schwung gekommen ist sehen wir daran, dass wir immer häufiger Pflanzen, insbesondere Gräser, mit ausgeprägten ‚Wurzelhosen‘ finden. Wurzelhosen sind Erdanhänge an der Pflanzenwurzel, die sehr stabil sind und sich nicht abschütteln lassen -sehr stabile Wurzelhosen überstehen auch die Bearbeitung mit einem scharfen Wasserstrahl. Sie entstehen durch die Verklebung von Bodenteilchen durch die Ausscheidungen von Bodenpilzen und -bakterien, die in unmittelbarer Nähe der Pflanzenwurzel oder in Symbiose mit dieser leben. Sie sind ein Hinweis auf eine hohe mikrobielle Aktivität im Boden und tragen zur Stabilität der Bodenstruktur bei.

Um die Mikrobiologie noch mehr zu fördern und unseren Boden vor Hitze, Trockenheit, Regen und Erosion zu schützen, versorgen wir nun viele Kulturen wie Weißkohl, Sellerie und Kürbis mit einer Mulchschicht aus Luzernegras. Andere Kulturen wie Mais und Rosenkohl bekommen eine Untersaat, d.h. in die schon gepflanzten Kulturen wird jetzt, nachdem diese nach der Pflanzung ein gutes Stück gewachsen sind, eine Mischung aus Gräsern, Klee und Kräutern eingesät, die den Boden bis ins nächste Frühjahr hinein durchwurzeln und schützen.

Neben Mikroben bevölkern auch zahlreiche andere Lebensformen unseren Gemüseacker. Die Störche, die immer fleißig zum Jagen zu uns kommen, haben diese Woche zum ersten Mal eines ihrer Jungtiere mitgebracht und die Jungschwalben am Hof machen erste Flugübungen. In den Steckrüben haben wir ein Erdhummelnest entdeckt -erstaunlicherweise finden die Hummeln problemlos den Weg unter den Kohlnetzen hindurch, hoffentlich schauen sich das die Kohlweißlinge nicht ab. Ganz besonders interessant ist die Spezies der gemeinen Erdbeerpflücker. Zahlreiche, meist leicht verwirrt oder desorientiert wirkende Homo sapiens, die verzweifelt auf der Suche nach roten Erdbeeren über den Gemüseacker irren. Für alle Bio-Erdbeerliebhaber*innen: Der Acker von Laggels Bio-Erdbeeren, auf dem es nicht nur leckerste Leidenhöfer Bio-Erdbeeren, sondern auch ein einmaliges Pflückerlebnis gibt, befindet sich dieses Jahr ca. 800m vom Gemüseacker entfernt am anderen Ende des Dorfes an der Landstraße. Die Rote Erdbeere weist den Weg in Früchteparadis! Zuletzt sind noch die Landwirte und Landwirtinnen zu erwähnen, die sich letzte Woche bei uns am Hof zum Bioland-Regionalgruppentreffen einfanden. Als Neumitglieder des Anbauverbandes durften wir das erste Regionalgruppentreffen seit langer Zeit bei uns ausrichten. Im Zentrum stand hier die neue Verbandsrichtlinie zur Förderung der Biodiversität.

Von unserer neu gebauten Vortex-Kompostteemaschine, die den ersten Probelauf mit nur Wasser gut gemeistert hat, erzählen wir euch beim nächsten Mal. Wir freuen uns nun auf die bald beginnende Ernte der Sommerkulturen. Zucchini, Tomate, Gurke und Co. fiebern dem ersten Erntetag entgegen. Bis dahin lauschen wir weiter der zauberhaften Melodie des Regens und überlassen dem alten Kästner das letzte Wort, diesmal -weils so schön ist- in voller Länge.

Liebe Grüße

Manu, Elisa & Gertrünther